Der grosse Moment ist also gekommen. Vor diesem hatten wir beide einen heiden Respekt und ich ehrlicherweise auch etwas «schiss». Meine letzte (und einzige) Überfahrt (Sardinien-Menorca, 2018) sitzt mir nämlich noch bis heute in den Knochen 🙈. Die hatte es echt in sich und war alles andere als «amächelig» und wiederholungswürdig. Wir haben uns daher ein ruhiges Wetterfenster mit nur wenig Wind, und wenn Wind, dann von hinten, ausgesucht – also eigentlich die perfekten Bedingungen für konservative Segler 🤣. Jeder Segler und Nichtsegler weiss aber, dass man ca. 36h Segelstunden im Detail natürlich nicht im Voraus minutiös planen kann. Das Wetter macht am Ende was es will. Mittels Wetter-Apps wie Windy aber, welche sehr gute Wetter/Wind/Wellen-Daten liefern, wird eine solche Überfahrt um einiges einfacher in der Planung.


Als wir um 3.30 Uhr aufstanden war es noch frisch und der Sternenhimmel klar. Das Gefühl im Bauch war gut und wir freuten uns beide auf die bevorstehenden Stunden zu zweit allein auf hoher See. Zu Beginn hatten wir gute Windverhältnisse, wir konnten mit dem Grosssegel und der Genua bis 6 Knoten segeln. Danach flaute der Wind etwas ab, was uns dazu brachte, unseren Gennaker das erste Mal zu hissen. Auch das gelang uns auf Anhieb ohne weitere Probleme (Teamwork sei Dank) und wir segelten gemütlich vor uns her. Die franz. Küste rückte immer weiter in die Ferne und übergab die Szenerie dem offenen Mittelmeer. Nach ein paar tollen Segelstunden flachte der Wind aber dermassen ab, was ein Fahren unter Segel verunmöglichte und wir daher die Motoren starten mussten.

Die See war angenehm ruhig und wir hatten Zeit zu lesen, reden, Musik hören etc. – eben ein easy Nachmittag ohne Zwischenfälle oder lästigen «Gegenverkehr» 😉. Als wir es uns zur Apéro-Zeit (alkfrei) grad auf dem Vorschiff haben gemütlich machen wollen, meinten wir in der Ferne die ersten Finnen auszumachen. In solchen Momenten traut man seinen Augen jeweils nicht, hab ich das jetzt wirklich richtig wahrgenommen oder waren es bloss wieder Wellen, die so aussehen als ob? Nein, wir hatten Glück und es handelte sich bei den erspähten Finnen tatsächlich um eine kleine Delfin-Schule, welche erfreut auf uns zu sprang. Sofort in Position und ausgerüstet mit Kamera und Handy haben wir unsere liebsten Freunde des Meeres begrüsst (ich habe sogar getänzelt und geklatscht vor Freude => s. Video). Es war mal wieder eine wunderschöne Begegnung, die man nur schwer in Worte fassen kann. Wir genossen das Schauspiel, welches uns dargeboten wurde in vollen Zügen und liessen unseren Emotionen freien Lauf. Flink schwammen und sprangen sie in diversen Formationen vor dem Bug hin- und her, wir konnten uns davon gar nicht sattsehen. Da zu diesem Zeitpunkt absolute Windstille herrschte und somit auch kein Wellengang zu verzeichnen war, konnten wir die Tiere in ihrer ganzen Schönheit bewundern. Der Himmel spiegelte sich im Wasser, so ruhig und klar war es. Nach einer kleinen Ewigkeit (ca. 20min) 😉 hatten sie dann wohl keine Lust mehr als Pacemaker von Nai’a zu agieren, sondern verschwanden so leise von der Bildfläche wie sie gekommen waren.


Überglücklich und noch immer aufgeregt über das Erlebte haben wir unseren Apéro dann fortgesetzt. Doch dieses Ereignis sollte nicht das einzige Spektakel an diesem frühen Abend sein. Bald sahen wir in der Ferne Wale, von welchen wir deren Schnauben in Form von meterhohen Fontänen wahrnehmen konnten. Mithilfe des Fernglases holten wir die wunderschönen Hünen zudem noch etwas näher an unser Auge ran. Fantastisch! Kurze Zeit später wurden wir Zeuge wie Delfine Jagd auf Tunfische machten. Was für ein seltenes Schauspiel, und das alles gleich vor unserer Nai’a. Herrlich. Wir hätten es uns nicht besser erträumen können.


Nach dem Abendessen, welches wir in aller Ruhe und während eines wunderschönen Sonnenuntergangs verzehrten, habe ich dann die erste Nachtschicht angetreten und Dani ins Bett entlassen. Die Ablösung war gegen 1:00 Uhr morgens geplant. Die Nacht war lau und die Sterne leuchteten am dunklen, klaren Himmel – und weit und breit keine lästigen Lichtemissionen. Magisch! Auch sonst verlief alles ruhig und ich vertrieb mir die Zeit mit «Sterne gucken» und Julia Roberts. Ich schaute «Erin Brokovic», welchen ich vor Jahren das erste Mal gesehen habe. Mann, da war Julia aber noch jung… ich liebe diesen Film. Dani kam pünktlich um 1.00 Uhr, mit dem Vorhaben mich abzulösen, hoch. Da ich zu diesem Zeitpunkt aber nach wie vor frisch (naja) und munter (schon eher) war, schickte ich ihn nochmals 2h ins Bett. Er war nicht unglücklich darüber, sondern nahm die «offerierten» Stunden dankend und schläfrig an 😉. Ich liebe Movies und so entschied ich mich abermals einen zu schauen. Ich wählte «A star is born». Ein für mich hoch emotionaler, dramatischer aber sau-guter Film. Die Stimmung passte hervorragend… ich und der magische Sternenhimmel. Zudem habe ich davor noch den lieben Brief meiner Freundin Paddl (Patricia) gelesen, welchen sie mir zum Abschied zusteckte. Sie meinte damals, ich solle ihn in einem für mich passenden Moment und wenn möglich allein lesen. Es war ein spezieller Moment für mich, ihre lieben und berührenden Zeilen in dieser wundervollen Nacht zu lesen 🥰.

Um 3.00 Uhr in der Früh wurde ich dann von Dani abgelöst. Erst um 10.00 Uhr, noch müde aber ausgeruht, kam ich aus meiner Koje gekrochen. Dani hat mich liebenswerterweise auch länger schlafen lassen 😍. Die restlichen Seemeilen bis Menorca haben wir unter besten Segel-Bedingungen (über 8 Knoten) zurücklegen können – es war ein wahrer Genuss. So machen Überfahrten Spass und regen gar die Vorfreude auf alle weiteren an.

Hier noch ein kleines Video, welches insb. die Delfine gut zeigt: