Für ein Mal ein tagfertiger Bericht von uns 🤣.
Wir sind mal wieder eine Woche ein Port Soller vor Anker – am Arbeiten. Auf den Bericht dazu, müsst Ihr Euch noch ein wenig gedulden. Aber: gestern Abend hatten wir ein wenig Action. Es war ziemlich Wind angesagt und so wussten wir, dass es ungemütlich werden könnte – so hatten wir in weiser Voraussicht noch um-geankert, da wir in Kies/Steinen/Schlick waren und der Halt eher schlecht als recht. So sind wir als einziges Boot am Nachmittag weiter weg vom Ufer auf 10-12m Tiefe – gefühlt würde jedes neu ankommende Boot hier «beachen», so nahe fahren sie jeweils an den Strand um zu sehen, dass eigentlich kein Platz mehr da ist. Wie dem auch sei – wir dampften den Anker ordentlich ein, wie wir es immer machen (haben wir ja auch schon mehrfach berichtet).
Am Abend bekochte mich Tanja mit einem leckeren Thai-Curry. Wir genossen den Abend und sprichwörtlich die Ruhe vor dem Sturm. Es war extrem heiss und Wind zog langsam auf. Und zwar die Sorte, die Dir die Augen beissen lässt – trockene Luft, wie aus einem Fön ins Gesicht geblasen. Mega angenehm. Zudem war die Luft noch mit Staub geschwängert, was einerseits unser Deck aussehen liess wie Sau und andererseits uns zwei Staublungen bescherte. Schon wieder abgeschweift…
Nach dem Essen hatten wir entschieden, noch einen Film zu schauen – so richteten wir es uns draussen gemütlich ein und konsumierten einen ARD-Krimi (Der Zürich-Krimi: Borchert und die tödliche Falle -> empfehlenswert). Auf ein Mal meinte Tanja: «was isch dänn das?!». Neben uns rauschte lautlos ODIN vorbei. ODIN ist ein kleines Segelboot, welches in Port Soller an einer Boje «haust». Deren Besitzer hatte ich mal angequatscht um einen Nachbar zu verpetzen, dessen Anker halt eben nicht hielt. Deshalb kannten wir ODIN. Nun war ODIN aber offensichtlich auf der Flucht! Das Boot trieb führerlos (darf man das schreiben?) neben uns vorbei und hat uns um Haaresbreite nicht touchiert. Gesehen hatten wir sie nur, weil das Ankerlicht an war (es war schon stock-finster). Mit dem ablandigen Wind nahm es also mehr oder weniger Kurs auf Barcelona. Was macht man in diesem Moment? Hinterherschwimmen? Keine gute Idee – auch wenn man es an Bord schafft – was machst Du dann? Zumal es ein kleiner Day-Sailer ist mit Aussenbord und der ganz sicher keinen Benzinkanister angeschlossen hat (zudem auch kein Ruder, wie sich später herausstellte). Wir waren perplex und begannen, das Dinghy runter zu lassen. Zudem funkte ich den Hafen an, um denen mitzuteilen, dass ein herrenloses Boot davon trieb. Vom Hafen keine Antwort – auch nach erneutem Aufruf auf Kanal 16. Dann raste ein Dinghy an uns vorbei – unser Uruguayischer Nachbar (wie sich im Nachhinein herausstellte). Er befestigte kurzerhand ODIN ca. 100m hinter uns an seinem Dinghy und nahm Kurs auf den Hafen – dann schrie ich ihm zu, ob ich helfen könne. Wir verständigten uns so gut es ging in Spanisch/Englisch – jeder gab sein bestes. Zum Glück verstand ich, dass er eine Leine benötigte – so konnten wir ODIN zuerst an Nai’a sichern – was uns Zeit gab, uns zu überlegen, wie’s weiter geht. Er war sich nicht sicher, ob er genügend Sprit hatte und zudem haben wir den stärkeren Aussenborder – somit wurde ODIN an unser Dinghy gebunden und wir fuhren rückwärts durch die Bucht von Port Soller in den Hafen. Selbstverständlich ja dann gegen Welle & Wind – sehr angenehm. Dort angekommen, setzten wir ODIN an der Tanke aus – selbstverständlich fachmännisch vertäut und gesichert. Im Hafen war kein Marinero anzutreffen – die hatten alle schon Feierabend. So sind wir – verrichteter Dinge – zurück zu Nai’a gefahren und waren wirklich froh, dass wir ODIN retten konnten.
Heute Vormittag ist dann Franco, der Besitzer, bei uns beiden vorbei gefahren und hat sich ganz herzlich bedankt für die Rettungsaktion. Er war in Palma und hatte auf der Webcam gesehen, dass das Boot nicht mehr an der Boje ist – mittels eingebautem GPS habe er gesehen, dass das Schiff davon treibt – da sei er sofort aufs Motorrad gestiegen und zurückgerast (einen solchen Moment möchte ich nicht erleben!) – dann habe er aber gesehen, dass sein Boot auf dem Weg in den Hafen sei – was ihn aufatmen liess. Franco hat sich gefühlt 100x bedankt und uns versichert, sollten wir jemals etwas in Port Soller brauchen; er wäre da!
Die Nacht wurde dann ziemlich unentspannt. Böen an die 40 Knoten und überall in der Bucht davontreibende Boote – zum Glück bemannt und meist auch selbst bemerkt. Ab und zu hörte man mal ein Horn – einen Zusammenstoss hatten wir aber zum Glück nicht bemerkt. Viel geschlafen haben wir also nicht – in so einem Moment will man die Lage so gut es geht kontrollieren können (was man ja eigentlich nicht kann – man ist ziemlich fremdbestimmt). So sass ich lange am Steuerstand und schaute die Situation an. Erstaunlich auch hier: die Schiffe, die nicht hielten, sind nicht etwa auf direktem Weg hinter uns (also Richtung Meer) gefahren sondern zuerst noch minutenlang zwischen den anderen Schiffen hin und her manövriert – in der Hoffnung, doch noch eine Lücke zu finden. Das werden wir wohl echt nie verstehen… Die Nacht war dann dominiert durch Kontrollgänge an Deck und kurzen Power-Naps – sofern man denn einschlafen konnte (war es doch ca. 28° und der Wind heulte).
Schlussendlich eine lange Nacht – zum Glück ist am Schluss alles gut gegangen und nun hoffen wir, dass die kommenden Nächte hier ruhiger werden. Am Freitag erhalten wir Besuch von meinem Bruder und dann werden wir dieses Tohuwabohu hier in Port Soller wohl schnellst möglichst verlassen. Irgendwie eine Hassliebe hier – die Bucht ist magisch, die Promenade und die Restaurants/Bars super toll; die anderen Boote könnten uns aber gestohlen bleiben 😉.
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